Philosophische Grundlagen der Mathematik
Fortbildungsreihe "Philosophie und MINT" der Stiftung Pfalzmetall am SGL — 22.03.2018
von Achim Jung
Die Stiftung Pfalzmetall bietet seit dem Herbst 2017 am Sickingen-Gymnasium Landstuhl eine Fortbildungsreihe zum Thema „Philosophie der Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik“ an. Sie möchte LehrerInnen der Naturwissenschaften und philosophisch interessierten Lehrkräften die jeweils andere Perspektive näherbringen.
Dr. Hartmut Mayer, der zugleich ein ausgebildeter Diplom-Mathematiker, Mediziner und auch Philosoph ist, beleuchtete in den ersten drei Teilen der Tagung verschiedene philosophische Problemstellungen der modernen Mathematik. Zunächst befasste er sich mit der Unterscheidung von Syntax und Semantik in Logik und Mathematik. Dann stellte er die wissenschaftstheoretischen und logischen Einwände des Philosophen Karl Popper gegen Werner Heisenbergs „Unschärferelation“ vor. Schließlich erläuterte er die Bedeutung der Gödelschen Unvollständigkeitssätze, die seit ihrer Veröffentlichung 1930 zu einer Revolution der Mathematik geführt haben. Damit verdeutlichte Dr. Mayer am Schluss seines Vortrags in anschaulicher und allgemeinverständlicher Form die Grenzen der Mathematik. Die „Grundlagenkrise der Mathematik“, die in den Gödelschen Unvollständigkeitssätzen 1930 kulminierte, erschütterte die Grundpfeiler der Mathematik, Logik und Informatik mit Auswirkungen bis heute auf die Philosophie, vielleicht vergleichbar mit dem Schock, ausgelöst durch die Unschärferelation Werner Heisenbergs. Indem sie sich diesen neuen Herausforderungen mit neuen Lösungsansätzen stellt, kommt die Mathematik einem künstlerisch kreativen Prozess nahe, der philosophische Grundlagen hat.
Im letzten Teil hielt der Philosophielehrer Achim Jung einen Vortrag zum Thema „Unendlichkeit in der Philosophie“ und stellte anhand der Geschichte des Begriffs des Unendlichen dar, wie sich die Entwicklung der Philosophie und der Mathematik ideengeschichtlich gegenseitig bedingt haben. Außerdem zeigte er, dass die moderne Mathematik, vertreten etwa durch Georg Cantor und David Hilbert, die Philosophie mit ganz neuen Problemstellungen konfrontiert hat.
Mit dieser fächerverbindenden Fortbildungsreihe fördert die Stiftung Pfalzmetall einen Austausch zwischen Fachbereichen, die vielfach als gegensätzlich angesehen werden, aber im Sinne einer umfassenden Bildung nicht zu trennen sind. Normalerweise fragen Naturwissenschaftler, wie die Natur funktioniert, interessieren sich aber nicht für das Warum, weil das niemand versteht. Das philosophische Fragen richtet sich dagegen gerade auf das, was man zunächst nicht versteht. Hier geht es darum, den Zustand des Nichtverstehens auszuhalten und als Ausgangspunkt der Reflexion zu sehen. Erst eine solche philosophische Haltung zu naturwissenschaftlichen Problemstellungen fördert neue Entdeckungen und die Entwicklung neuer theoretischer Modelle, die zu Fortschritten in der naturwissenschaftlichen Forschung notwendig sind.
Die Fortbildungsreihe der Stiftung Pfalzmetall wird fortgesetzt. Bis 2019 sollen noch Veranstaltungen zur Philosophie der Informatik und zur Philosophie der Technik folgen.
Bibliographie zum Vortrag "Unendlichkeit in der Philosophie"