Das Logo des Sickingen-Gymnasiums. Dunkelblaues Quadrat mit weißem Schriftzug des Schulnamens in der linken oberen Ecke. Silhouette der Burg Nanstein im Anschnitt unten rechts.

In Würde sterben

Leiterin des Hospiz Hildegard Jonghaus besucht Ethikkurs 9/10 — 14.05.2017

 von Daniel Seger (9b)
 
Am 04.05.2017 hatte der Ethikkurs 9 /10 unter der Leitung von Herrn Preis die Möglichkeit, einen besonderen Einblick hinter die „Kulissen“ einer Einrichtung zu bekommen, welche Sterbende in ihrer letzten Lebensphase begleitet. Frau Mack, die Einrichtungsleiterin des Hospiz Hildegard Jonghaus in Landstuhl, besuchte die Schülerinnen und Schüler anlässlich des aktuellen Unterrichtsthemas „Die letzte Reise: In Würde sterben“.
Um möglichst informiert zu sein und ein ansprechendes Gespräch zu führen, bereitete man sich intensiv auf den Besuch vor. Die vorherige Unterrichtsreihe zu den Themen Tod, Trauer, Trost bildete die Basis für den weiteren Verlauf.
Zu Beginn der Doppelstunde hielt Frau Mack ein kurzes Referat, in welchem sie die Hospizbewegung im Allgemeinen, aber auch speziell das Hospiz in Landstuhl vorstellte. Anschließend bekamen die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, Wissenslücken zu füllen und Fragen zu stellen. Zum Schluss drehte man den Spieß um und die Schülerinnen und Schüler wurden von Frau Mack und Herrn Preis zu persönlichen Meinungen, Feedbacks und möglichen beruflichen Perspektiven befragt. Hierauf teilte Frau Mack noch Materialien aus, die durch ihre Anschaulichkeit die genauere Vorstellung der Räumlichkeiten der Einrichtung erleichterte.
Im Nachhinein berichteten die Schülerinnen und Schüler von vielen neuen Erkenntnissen, gegliedert in drei wesentliche Schwerpunkte. Der erste Schwerpunkt lautete „Allgemeine Informationen zum Hospiz“. Hier erfuhren wir unter anderem, dass das Hospiz Hildegard Jonghaus seit der Eröffnung im Januar mit zahlreichen Anfragen zu tun habe, wobei immer nur eine begrenzte Anzahl an Gästen aufgenommen werden könne. Dies sei auch das größte Problem der Hospizbewegung. Deutschlandweit gibt es zwar über 200 Einrichtungen mit jeweils maximal 16 Plätzen. Da dies jedoch bei Weitem nicht den eigentlichen Bedarf decken kann, müssen tausende potentielle Gäste auf Wartelisten gesetzt werden. Eine Ursache, so Frau Mack, liege in der Finanzierung der Hospize. Immer wieder benutzte Frau Mack zur Überraschung aller den Begriff „Gäste“. Auf die Frage, warum man von „Gästen“ und nicht von „Bewohnern“ oder gar „Patienten“ rede, verwies Frau Mack auf die ursprüngliche Bedeutung des aus dem Lateinischen stammenden Wortes „Hospiz“. Jener könne mit Herberge übersetzt werden. Die Betroffenen würden demnach auf ihrer letzten Etappe des Lebensweges begleitet und versorgt.
Der zweite thematische Schwerpunkt weckte bei den Schülerinnen und Schülern das größte Interesse. Jener konzentrierte sich auf ganz praktische Angelegenheiten des Alltags in der Einrichtung. So dürfe zum Beispiel der Gast das eigene Zimmer zum Teil individuell einrichten, indem Bilder, Lampen oder Kleinmöbel mitgebracht werden können. Dadurch soll ein möglichst heimisches Ambiente geschaffen und eine Krankenhaus-Atmosphäre vermieden werden. Zudem gebe es viele Gäste, die in den so genannten Sozialraum gehen, um mit anderen Gästen Zeit zu verbringen. Andere Gäste zögen dagegen eher den Raum der Stille vor. Diesbezüglich betonte Frau Mack explizit, dass jeder Gast anders sei und ganz eigene Abneigungen, Vorlieben und Wünsche äußere. So möchte der eine lieber einen Hawaii-Toast zum Abendessen, der andere jedoch eine Bratwurst. Solange die Wünsche im Rahmen des Machbaren liegen, werden diese auch erfüllt. Dafür zuständig sei das Personal, welches zu einer Krankenpflegerausbildung eine zusätzliche Schulung in palliativmedizinischer Ausrichtung benötigt. So dürfen sie auch schmerzlindernde Medikamente verabreichen, um eines der obersten Ziele der Hospizbewegung zu erreichen: Sterben ohne Schmerzen. Bezüglich der Angestellten sprach Frau Mack allerdings von einer wichtigen Bedingung: Man sollte trotz aller Schicksale die professionelle Distanz nicht verlieren. Denn nicht alles, was im Hospiz geschieht, sollte mit nach Hause genommen werden. Im Hospiz sei im Gegensatz zum Krankenhaus die Tür von außen verschlossen, um Ruhe zu garantieren. Dabei dürften die Gäste jederzeit die Einrichtung verlassen, immerhin sei es keine „geschlossene Anstalt“, wie Frau Mack mehrfach betonte. Die Begleitung der Angehörigen spiele im Konzept der Hospizbewegung eine wichtige Rolle. Frau Mack möchte die Leute nicht an Besucherzeiten binden und ist allzeit bereit, mit den Angehörigen der Gäste über die für viele bedrückende Situation zu reden. Erfahrungsgemäß könne dies wahre Wunder bewirken. Dabei ende die Begleitung der Angehörigen nicht mit dem Tod des Gastes. Man habe 36 Stunden Zeit, sich im Zimmer des Verstorbenen von eben diesem zu verabschieden und sich an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu wenden.
Der letzte Schwerpunkt betraf Frau Mack selbst. Sie ist seit nun mehr 20 Jahren im Bereich der Pflege aktiv, eine Arbeit, welche sie nach eigenen Aussagen als Leidenschaft und weniger als normalen Beruf betrachtet. Sie sei glücklich, dass das Feedback der Verbliebenen immer überwiegend positiv sei. Noch kein Angehöriger habe im Nachhinein die Entscheidung bereut, die jeweiligen Verwandten im Rahmen des Hospizes den letzten Lebensweg gehen zu lassen. Darin bestehe auch die Motivation für und das Erfolgserlebnis beim Arbeiten mit den Sterbenden. Frau Mack offenbarte zudem eine feste Meinung bezüglich des Themas Tod in unserer Gesellschaft: So sei er aktuell ein Tabuthema, sollte jedoch einen festen Platz in den Köpfen der Menschen bekommen. Vermeiden könne man den Tod ohnehin nicht.
Frau Mack konnte den Schülerinnen und Schülern eindringliche Eindrücke vermitteln, wobei so ziemlich jeder der Anwesenden ein neues Bild vom möglichen Umgang mit dem Sterben bekam. Die Variante, unheilbar kranke Menschen in einem Hospiz einen würdevollen und von Schmerzen befreiten Tod zu ermöglichen, ließ bei einigen Schülerinnen und Schülern die Einsicht erwachsen, im Fall der Fälle dort selbst die letzte Phase des Lebens zu verbringen. Andere wollen sogar ein Praktikum anstreben, um einen noch besseren Eindruck vom Hospiz zu bekommen. In einer Sache waren sich letztlich alle einig: Es soll ein gemeinsamer Besuch des Hospiz Hildegard Jonghaus in Landstuhl geplant werden.
Abschließend bedankt sich der Ethikkurs 9 /10 recht herzlich bei Frau Mack für ihren Besuch, der nicht nur sehr lehrreich für alle war, sondern auch keine Selbstverständlichkeit darstellt.